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030 – Warum das Faultier keinen Morgengupf bekommt

Who the F&%$ ist ein Morgengupf?

Meine Werte waren morgens bislang immer gut und ich hatte Dank gut eingestellter Basalrate auch lange kein Dawn-Phänomen.

Seit einiger Zeit erlaubt sich mein Körper jedoch folgendes Ritual: Zuckerherrchen steht auf, läuft nichts ahnend durchs Haus, freut sich seines guten Zuckerstarts und bähm! steigt auf einmal der Blutzucker auf über 200 an. Waaaaaaas?



Anfangs dachte ich, dass seien die bösen Nachwirkung von irgendeinem Fleischpalast 🙂 aber mal ehrlich, so oft gehe ich jetzt auch nicht Steaks essen. Vor allem ist der Anstieg täglich.

Anfangs dachte ich, dass wäre das Dawn-Phänomen und habe somit begonnen meine Werte genauer zu prüfen und zu analysieren. Wann macht man das am besten? Richtig, am Wochenende im Bett, VOR dem Aufstehen … OK, das war Zufall. Daaaaaa ist mir aufgefallen, dass auf einmal mein morgendlicher Wert gut ist und kein Anstieg stattfand. Wie nun? Gut oder schlecht? Kann sich mein Körper mal entscheiden? Kaum aufgestanden, ging das aber schon wieder los. Aha!!

Die beschissenen Werte habe ich also immer nach dem Aufstehen

Wie oft erzähle und schreibe ich von Dokumentation? Jepp, ohne Dokumentation hätte ich wohl länger gebraucht, um auf dieses Ergebnis zu kommen. Bleibe ich liegen, passiert nichts, stehe ich auf, geht der kleine Zuckerpunk ab. Ergo, kann es definitiv nicht das klassische Dawn-Phänomen sein. Das gilt´s zu prüfen.

Darf ich vorstellen: Es ist der fucking Morgengupf!?

Frau Google und ich haben etwas Zeit zusammen verbracht, lecker Kaffee getrunken und uns über dieses Thema unterhalten. Dieses Phänomen nennt sich wirklich Morgengupf 🙂

Eine Definition von Gupf
südd., österr. und schweiz. für „abgerundeter Gipfel“, „oberer Teil von etwas“, „über einen Gefäßrand ragender Inhalt“ (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Gupf)

Laut Wikipedia ist somit auch das Ende eines Ei ein Gupf 🙂 Haha, mein Kopf hat mit seinem 3mm Haarschnitt fast ne Glatze … Somit ist er jetzt auch ein Gupf. 😀

Der Gupf ist ein Abkömmling vom klassischen Dawn-Phänomen, jedoch mit dem Unterschied, dass der Körper erst Attacke gibt, wenn Du aufstehst. Ja, wenn Du aufstehst! Von der Waagrechten in die Senkrechte bedeutet immer! „Stress“ für Deinen Körper. Pennst die ganze Nacht, schaffst nichts und dann soll Dein Körper locker flockig akzeptieren, dass das Faultier einfach gerade steht? Neeee. Das Blut muss in Wallung kommen, sonst haut es Dich zum Teil gleich um, wenn Du mit Schwung aufstehst. Einige erinnern sich … 🙂

Was passiert mit unserem Körper, wenn er in die Senkrechte geht?

Damit der Körper in Schwung kommt, brauchen wir die geliebten Hormone. Dummerweise mag unser Blutzucker a) kein Stress und b) kein Adrenalin, was mitunter die Wirkung von unserem Insulin herabsetzt und somit unseren Zuckerspiegel ansteigen lässt. Weiterhin schüttet unser Körper bei Stress auch noch das  Hormon Glucagon aus, was der Leber die Ansage macht, den gespeicherten Zucker aus seiner „Zelle“ freizulassen. Klasse und wir mittendrin statt nur dabei 🙂

Was kann ich gegen den Morgengupf unternehmen?

Mit einer Bergsteigerausrüstung ins Bett gehen, erst gar nicht mehr aufstehen oder sich eben mit dem Thema Insulin, Wirkungszeit und Verzögerungen beschäftigen. Die ersten beiden Lösungsansätze gefallen mir dennoch irgendwie besser, auch wenn es hier beim ersteren etwas Diskussionen geben könnte.

Erster Ansatz: VOR dem Aufstehen den ersten Bolus setzen oder verzögert spritzen

Laut einem Artikel von Dr. Rudolf Hermann (Klinik Saale, Bad Kissingen) habe ich gelesen, dass es mitunter zwei Möglichkeiten gibt, den Morgengupf in den Griff zu bekommen.

BEVOR Du aufstehst spritzt Du Dir eine kleine Menge Insulin und bleibst noch 5 Minuten liegen. Was eine kleine Menge ist? Schau Dir Deine Dokumentation an und beachte einmal, was für ein Sprung Dein Zucker macht und rechne Dir die Korrektur aus. Hiervon nimmst Du einfach nur die Hälfte und beobachtest den Verlauf.
Bei mir steigt der Zucker auf 200 mg/dl und mehr an. Aktuell liegt mein morgendlichen Korrekturfaktor bei 45. Im Schnitt müsste ich mit 2 Insulineinheiten (IE) korrigieren. Somit 1 IE VOR dem Aufstehen. Achte darauf, ob Du danach vielleicht Sport / körperliche Anstrengung geplant hast. In diesem Fall natürlich nichts unternehmen, sondern Deine „Sportregeln“ für Diabetiker durchziehen.

Zweiter Ansatz: Zum Frühstück zusätzliche Inuslineinheiten spritzen

Ein weiterer Tipp von Dr. Hermann ist, dass der BE-Faktor zur Berechnung reduziert wird und zusätzlich ein paar Insulinheiten zum Frühstück gespritzt werden. Hierbei muss jeder seinen eigenen Erfahrungsweg gehen und vor allem, ob er das zusätzliche Insulin verzögert oder nicht.

Ich persönlich spritze das zusätzliche Insulin ab 4 BE verzögert über 3 Stunden. Dann klappt´s ganz gut. Nicht immer aber besser als ohne. Einfach ausprobieren und nicht gleich aufgeben.

Beispiel ohne Morgengupf von stets 1 IE
BE-Faktor: 1 IE/BE
bei 2 Frühstücks-BE: 2 IE
bei 4 Frühstücks-BE: 4 IE
bei 6 Frühstücks-BE: 6 IE

Beispiel mit Morgengupf von stets 1 IE
BE-Faktor: 0.7 IE/BE (die Reduzierung musst Du testen. 0.3 IE hat bei mir funktioniert)
bei 2 Frühstücks-BE: 1.4 + 2 IE = 3.4 IE (diese Menge spritze ich persönlich komplett spritzen)
bei 4 Frühstücks-BE: 2.8 + 2 IE = 4.8 IE (meine Erfahrung: 2.8 IE sofort und 2 IE auf 3 Stunden)
bei 6 Frühstücks-BE: 4.2 + 2 IE = 6.2 IE (meine Erfahrung: 4.2 IE sofort und 2 IE auf 3 Stunden)

FAZIT
Den Morgengupf kann man mit ein wenig Übung und mit Dokumentieren, Dokumentieren und nochmals Dokumentieren in den Griff bekommen.

Gebt nicht auf, der Gupf ist nur ein kleiner Hügel. Es gibt definitiv andere Herausforderungen im Leben, die als Gipfel, Berg oder Mount Everest genannt werden dürfen aber nicht der Morgengupf.

***
Vielen Dank für´s Lesen

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