SportWissen

Muskelauffülleffekt und warum Muskeln Egoisten sind

Für den Muskelauffülleffekt machen wir uns jetzt erst einmal warm …

Bevor wir uns über die Muckis unterhalten, sollten wir überhaupt mal wissen, was die Dinger ernährt, wo deren Essen herkommt und wo es so abhängt, wenn man auf der Couch lümmelt.

Die Skelettmuskulatur wächst mir ihren Aufgaben

Die Kohlenhydrate werden nicht einfach so in den Muskel gedrückt, obwohl einige Menschen so aussehen, als ob sie sich heimlich Dampfnudeln in die Oberarme gestopft haben. Die Kohlenhydrate werden bei einem Überangebot als Glykogen in eine lagerfähige Form gebracht und mitunter im Muskel zwischengelagert (Glykogensynthese). Die Medizin wäre nicht die Medizin, wenn sie nicht alles katalogisiert und ordentlich benennt: Muskel + Glykogen = Muskelglykogen

Klugscheisser-Wissen

  • Es sind ca. 1,5 g Glykogen pro 100 g Muskelfeuchtgewebe
  • Glykogen besteht aus einem zentralen Protein (Glykogenin), an das bis zu 50.000 Glucosebausteine geknüpft sind. Uhhhh, nicht schlecht
  • Glykogen wird mit Hilfe von Wasser in den Zellen gespeichert.
    (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Glykogen; https://de.wikipedia.org/wiki/Energiebereitstellung

Schlussfolgerung vom Klugscheisser: viel Glykogen = viel gebundenes Wasser = schneller Gewichtsverlust bei LowCarb Diäten und bei Carbo-Loading schnelle Gewichtszunahme durch die Wassereinlagerung

Wo kommt denn nun die Energie her, wenn wir einmal den Muskelmotor anwerfen?

Bis zu diesem Artikel dachte ich, dass es ein großes Miteinander in unserm internen Zellmatsch gibt. Am Arsch! Die Muskeln sind ja voll die Egoisten. Während die Leber und Nieren ihre brav gespeicherten Vorräte mit ihrem „Body“ teilen und das gespeicherte Glykogen wieder in Form von Glucose abgeben (Glykolyse), pfeift sich der Muskel, wenn´s hart auf hart kommt, seine eigenen Vorräte ganz heimlich hinter der nächsten Ecke rein. Nett. Sehr sehr nett.
Würden die Muskeln nicht schon in einem Bluthaufen leben, so würden sie wegen diesem Verrat bei Ragnar Lothbrok als Blutadler enden 🙂

Jetzt bekommt Hulk Hogan sein Fett weg

(1. Gang)
Nur Muskeln bringen´s nicht wirklich alleine, wenn wir uns mal die Energieversorgung von unserem privaten Biotop näher anschauen. Wenn unser Körper freiwillig oder auch vielleicht einmal unfreiwillig in den Hungerstreik geht bzw. gehen muss, kann er theoretisch Wochen von seinen Fettreserven zerren. Ja, jeder hat Fett, auch Hulk Hogan. Ja, auch Dwayne The Rock Johnson und ja auch Heidi Klum 🙂
Die Muskeln dagegen bringen es hier nicht mal auf 2 Stunden und die Luft ist raus, wenn nicht Energie „nachgepumpt“ wird.

(2. Gang)
Bei unseren Glykogenspeicher sieht das gleich mal ganz anders aus, auch wenn wir diese vorhin so liebevoll oder in einer schnellen und einfach hin und wieder geilen Fressorgie gefüllt haben, bei der jeder Inuslinhersteller Dollarzeichen in die Augen bekommt. Die Glyokogenspeicher sind bei einem normalen Tag auch ohne körperliche Anstrengung rechtzeitig zum Abendessen alle 🙂 – Ich meine jetzt wirklich ein normaler „ich sitze im Büro Tag“

(3. Gang) – Let´s Get The Party Started
Jetzt aber. Langsam mal auf die linke Spur …
Belasten wir mal unseren Körper, damit er aufheizt, so erschöpfen wir bei intensiver Belastung unsere Glykogenvorräte nach ca. 90 Minuten.

Im harten Training füttere ich mich daher jede halbe Stunde mit mindestens 1 BE, damit der ganze Körper etwas zum Futtern hat.

Energiegewinnung im Muskel

Grob heruntergebrochen gewinnt der Muskel seine Energie durch zwei Phosphate. Abgekürzt nennt sich das ATP für Adenosin-Tri-Phosphat und KP für Kreatinphosphat.

Was wir ja vorher gelernt haben ist, dass bei einem Überschuss von Kohlenhydrate diese in den Muskeln, Leber und Nieren in der Speicherform Glykogen abgelegt werden. Heisst also, dass unser Körper ordentlich heizen kann, wenn wir ihm gute Sachen zur sofortigen Verbrennung liefern. Diese werden in unserem „Körperhochofen“ verbrannt. Wann brennt das Feuer am besten? Richtig, wenn es Sauerstoff bekommt und so ist es auch bei der Energiegewinnung. Ohne Sauerstoff glimmt das Feuer so vor sich hin und die Energieausbeute ist … naja. Stell Dir einfach vor, ich gebe Dir für nen 100m Lauf ne Taucherbrille mit Schnorchel. Was glaubst Du, wie gut gelaunt Du an der Ziellinie ankommst?
Wenn Du Deinen Körper quälst, muss er gezwungener Maßen auch ohne Sauerstoff verbrennen, weil Du gar nicht so schnell hecheln kannst, wie Dein Körper Sauerstoff braucht. Daher trainieren Profis die sogenannte Anaerobe Schwelle nach oben, damit erst sehr spät der Körper auf sauerstoffarme Verbrennung umsteigt. Das macht ihn nämlich echt sauer (Milchsäure) und müde.

Klugscheisser – Wissen zur Energieausbeutung und -gewinnung
Die sauerstoffarme (anaerob) Verbrennung liefert 2 mol ATP pro Glucose
Die sauerstoffreiche (aerob) Verbrennung liefert 38 mol ATP pro Glucose
(Quelle: Thews, Mutschler, Vaupel – Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen)

Der Abbau von Fetten bringt uns langfristig mehr Energie ein, als Kohlenhydrate. Dumm ist eben nur, dass wir bei der Fettverbrennung mehr Sauerstoff brauchen, als bei dem Abbau von Kohlenhydraten und auch viel mehr Zeit. Wer ist bei diesem Abbau der Boss? Die Lunge. Wenn diese nicht genug Sauerstoff anschafft, schaltet der Körper auf die anaerobe Verbrennung um. Diese Schwelle zwischen dem sauerstoffreiche (aerobe) und sauerstoffarme (anaerobe) Bereich, nennt sich Aerob-Anaerobe Schwelle oder einfach nur kurz: Anaerobe Schwelle.
An dieser Schwelle trainieren viele Sportler, damit diese immer etwas später eintritt und dem Athlet somit mehr sauerstoffreiche Zeit zur Verfügung stellt.

Muskelauffülleffekt

Das Thema hat sich schnell erledigt, wenn wir das eben Gelernte einmal in die Praxis umsetzen.

Der Waldspaziergang fällt jetzt hier nicht ins Gewicht, sondern wenn Du z.B. ordentlich Eisen pumpst oder eine harte Intervalleinheit fährst, wo Du das Wort L I M I T nur noch hechelst und in einzelnen Buchstaben sabbeln kannst.

Wenn Du Dich also wirklich anstrengst, dass Du Deinen Körper soweit bringst, dass die Reserven angegriffen werden und auch unsere Ego-Muskeln ihren Vorrat auffuttern, kommt der Körper erst in Wallung. Der Muskelauffülleffekt kann beginnen.

Klugscheisser – Wissen zum Muskelauffülleffekt
Die Muskeln können nur Glucose aufnehmen, wenn Insulin vorhanden ist. Durch Insulinrezeptoren an der Muskelzelle wird die Glucose in unserer Blutbahn durch die Schleuserbande „GLUT-4 Transporter“ in die Zelle gebracht und darin letztendlich in den Speicherstoff Glykogen umgewandelt. Irgendwie musste ich gerade an Breaking Bad denken, krank oder?

GLUT-4 Transporter
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/GLUT-4

Nach dem Training ist vor dem Training – Insulin auch hier mit Gefühl dosieren!!

Dein Körper beginnt nun alle Speicher aufzufüllen, die er nur noch auffüllen kann. Hier taucht auch das berühmte Wort „Nachbrenneffekt“ auf.

Für uns Pumpenträger: Es ist jetzt unglaublich wichtig, dass wir unser Basalinsulin laufen lassen oder wenigstens ein bisschen Insulin spritzen, damit der Muskel Glucose aufnimmt.
Wenn Du den Pen benutzt, hast Du Dir in der Regel am Morgen und am Abend Dein Verzögerungsinsulin gespritzt. Somit hast Du auch Dein „Basalinsulin“ im Körper. Schon einmal alles richtig gemacht.

Da unser Körper durch den Sport sehr gut auf Insulin reagiert und ständig die Glucose aus unserem Blut in unsere Zellen pumpt, ist es jetzt unglaublich wichtig, daran zu denken, dass der Körper nach einer guten belasteten Sporteinheit mehr Glucose aufnehmen wird, als wir gewohnt sind.
Um eine Unterzuckerung zu vermeiden empfiehlt es sich daher weniger Bolus-Insulin (Insulin zum Essen) zu spritzen und zusätzlich, wenn Du eine Pumpe hast, die Pumpe eine längere Zeit reduziert fahren zu lassen (Temporäre Basalrate „TBR“ senken). Wie lange musst Du selber herausbekommen.

Der Muskelauffülleffekt, wie lange der Körper Glucose in die Zelle pumpt, ist abhängig von der Zeit und Intensität, die Du betrieben hast.

Meine persönliche Faustregel, die bei mir hin und wieder ganz gut klappt. Hin und wieder, weil der Körper immer noch eine Zellsuppe mit lauter Variablen ist und daher gerne den „Unberechenbaren“ spielt

  • 1 Stunde mittlere bis schwere Intensität = 2 Stunden 60-70% die TBR laufen lassen bzw. beim Pen weniger zum Essen spritzen (Lass mal 1-2 Insulin-Einheiten weg)
  • 2 Stunden mittlere bis schwere Intensität = 3 – 4 Stunden 60-70% TBR
  • > 2 Stunde musst du dich wieder herantasten. Ich würde mit 5 – 7 Stunden anfangen

FAZIT: Passt bei langen und intensiven Sporteinheiten einfach auf und lasst Euch nicht von tollen Werten vor dem Schlafen gehen täuschen. Lieber höher als normal ins Bett (z.B. mit 150 oder auch mal 180 mg/dl akzeptieren) und dafür ohne Unterzuckerung durch die Nacht. Stell Dir auch den Wecker auf 2 Uhr. Ja, ist scheisse aber ein verpennter Unterzucker ebenfalls.

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Vielen Dank für´s Lesen

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